Bye bye Rocketman

Im Velodrome Suisse ist die Stimmung ausgezeichnet. Es läuft der Scratch-Wettkampf – auf dem Papier ein simples Rennformat, auf der Bahn eine auch in taktischer Hinsicht anspruchsvolle Disziplin. Mittendrin: Tristan Marguet, 28-jährig, einer der Routiniertesten im Schweizer Nationalteam.

Der mediale Scheinwerfer ist an den Europameisterschaften 2015 in Grenchen auf die Jungen gerichtet, allen voran auf Stefan Küng, welcher in der Einzelverfolgung reüssiert und den Bahnvierer zum Silbergewinn führt. Marguet ist anders, kein gross gewachsener Verfolger, sondern klein und bullig, ein endschneller Athlet, Vertreter einer hierzulande raren Spezies.

Gegen Sebastian Mora ist an diesem Donnerstagabend nichts auszurichten. Hinter dem mit Rundenvorsprung reüssierenden Spanier kommt es zum Massensprint um Silber. Das fachkundige Publikum feuert Marguet lautstark an, und der Unterwalliser macht seinem Künstlernamen alle Ehre. «The Rocketman» lässt die hochkarätige Konkurrenz hinter sich und gewinnt die Silbermedaille, das Holzoval mutiert zur Festhütte.

Ob es sich dabei um seinen sportlich wertvollsten Erfolg handelt, lässt sich nicht schlüssig beurteilen; Marguet hat in seiner langen Karriere vieles gewonnen. Klar jedoch ist: Es war sein grösster Auftritt vor Heimpublikum.

Sechs Jahre und zwei Monate später bestreitet Marguet an gleicher Stätte sein letztes Rennen. Im Tissot Velodrome, wie die Arena in Grenchen seit 2016 heisst, findet die Track Cycling Challenge statt. «Titi» wird am Samstag im Madison in die Pedale treten – und nochmals versuchen, die Rakete zu zünden.

Tristan Marguet verabschiedet sich als Sportler, nicht jedoch aus dem Radsport. Er wechselt die Seiten, schlüpft in die Trainerrolle und wird versuchen, dem Schweizer Nachwuchs möglichst viel von seinem grossen Erfahrungsschatz weiterzugeben.