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EM Pontchâteau

Im Radquer hat der Nachwuchs höchste Priorität

Die Nachwuchsarbeit steht im Fokus des Radquer Nationalteams. Bild: Elisa Haumesser

Die Europameisterschaften vom Wochenende in Pontchâteau sind die ersten internationalen Titelkämpfe in der Amtszeit von Andreas Kugler. Neu ist im Schweizer Quersport nicht nur der Nationaltrainer, sondern auch die Strategie.

Am 8. Oktober bestritt Dario Lillo das U23-Cross-Country-Rennen am Mountainbike-Weltcupfinal im kanadischen Mont Sainte-Anne. Eine Woche später trat der St. Galler im Rahmen des Swiss Cyclocross Cups in Steinmaur in die Pedale, wiederum eine Woche stand er in Schneisingen am Start – und qualifizierte sich dank zwei dritten Rängen anlässlich der nationalen Radquer-Serie für die am Wochenende in Frankreich stattfindenden Europameisterschaften. In Pontchâteau, nordwestlich von Nantes gelegen, wird er in der U23-Konkurrenz vom Samstag die favorisierten Belgier und Holländer herausfordern. Wobei es sich um einen Vergleich mit unterschiedlichen Voraussetzungen handelt.

Lillo gehört zu den besten Mountainbikern seines Alters, an der WM in Glasgow gewann er Bronze. Im Winter bestreitet er jeweils einen Teil der Radquersaison – und trifft primär auf Athleten, die keine sieben Monate dauernde MTB-Saison in den Beinen haben. Zuweilen vermag er die Spezialisten dennoch zu ärgern, zum Beispiel an der EM 2019 in Italien, als er im Junioren-Wettkampf Dritter wurde. Kaum realistisch ist hingegen, über eine ganze Saison kompetitiv zu sein. «Der Mountainbike- und der Querkalender überschneiden sich. In beiden Disziplinen ganz vorne dabei zu sein, ist nur möglich, wenn man sich seine Einsätze selbst aussuchen kann», sagt der neue Schweizer Radquer-Nationaltrainer Andreas Kugler – auf MTB-Olympiasieger Tom Pidcock verweisend, der auf der Strasse, dem Mountainbike und im Radquer mit den Besten mitzuhalten vermag.

 

Kugler: «Die Jungen saugen es auf»

Neu ist nicht nur der Nationaltrainer, sondern auch die Strategie von Swiss Cycling. Kugler, der am Ende der letzten Saison die Nachfolge von Bruno Diethelm antrat, legt das Hauptaugenmerk auf den Nachwuchs. «Es geht primär darum, den Jungen die Vorzüge des Quersports aufzuzeigen, ihnen zu vermitteln, inwiefern sie von dieser Disziplin profitieren können. Und vielleicht bleibt dann der eine oder die andere erhalten», hält der 44-jährige Ostschweizer fest. So wie Kevin Kuhn, der sich auf der Strasse und auf dem Mountainbike versuchte, aber irgendwann realisierte, dass er im Radquer die besseren Aussichten hat als in den lukrativeren olympischen Sportarten. Mittlerweile fährt er für ein belgisches Profiteam und gehört zur erweiterten Weltspitze.

Technisch und taktisch lasse sich im Quersport vieles lernen, was im Radsport generell von hoher Relevanz sei, sagt Kugler, der gleichzeitig als Stützpunktleiter und U17-Nationaltrainer tätig ist. Die Verbindung dieser Ämter hilft, die neue Strategie umzusetzen. Im geschlechtergemischt und polycyclid geführten U17-Nationalteam geniesst Radquer einen hohen Stellenwert. Ein Zusammenzug wurde vornehmlich dem Quersport gewidmet, in der U19-Kategorie kommt die Sportart ebenfalls gut an. «Radquer ist schnell und dynamisch, Radquer macht allen Spass. Die Jungen saugen es auf, sie wollen möglichst viele Rennen bestreiten.»

 

Festtagsreise nach Belgien

Kugler, als Aktiver EM-Medaillengewinner im Mountainbike Marathon, aber auch auf dem Quer-Velo unterwegs, will die Begeisterung nutzen. In der Altjahreswoche wird er mit einer U19-Auswahl an drei hochklassigen Wettkämpfen in Belgien teilnehmen, anders als bei vielen Weltcupkonkurrenzen werden in der Superprestige-Serie separate Junioren-Rennen angeboten. Diese Reise sei eine gute Investition – egal, welchen Weg die Aufstrebenden später einschlagen würden, resümiert der Trainer. Und könnte gleich das Beispiel von Mauro Schmid heranziehen, der im U19-Alter Cross-Wettkämpfe bestritt, später als Bahnfahrer bei Olympia antrat und sich mittlerweile als Strassenprofi etabliert hat.

Illusionen macht sich Kugler keine. Setze sich jemand auf der Strasse oder auf dem Bike durch, kehre er oder sie bestenfalls punktuell zum Radquer zurück, stellt er klar. Was bei den Frauen, wo die Leistungsdichte geringer und das Talentreservoir kleiner ist als bei den Männern, eine Lücke zur Folge hat; in Pontchâteau stehen am Wochenende lediglich zwei Schweizerinnen am Start. Monique Halter, als Juniorin MTB-Weltmeisterin und EM-Fünfte im Radquer, kämpfte zuletzt mit Rückenbeschwerden und dürfte in diesem Winter, wenn überhaupt, nur wenige Quer-Rennen absolvieren.

Dario Lillo hingegen wird an der EM nochmals alles aus sich herauspressen; es handelt sich um seine letzte Saison in der höchsten Nachwuchsklasse. Ob und, falls ja, wie es mit seiner Radquer-Karriere nach dem Aufstieg in die Elite weitergehen wird, ist ungewiss. Klar hingegen ist: Von den auf dem Quer-Velo erlernten Fertigkeiten wird er noch lange profitieren – auch auf dem Mountainbike.

Die EM auf Eurosport 1 mitverfolgen

Das U23-Rennen der Männer und das Elite-Rennen der Frauen werden am Samstag, 04. November 2023 live auf Eurosport 1 übertragen. Die Rennen am Sonntag, 05. November 2023 werden aufgezeichnet und am Abend auf Eurosport 1 ausgestrahlt.

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