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Bundesbeschluss Velo

«Das Velo ist apolitisch»

Am 23. September kommt der Bundesbeschluss Velo vors Volk. Swiss Cycling hat sich mit dem Berner Nationalrat und Pro-Velo-Schweiz-Präsidenten Matthias Aebischer (Dritter von Rechts) über das Thema unterhalten.

Warum braucht es den Bundesbeschluss Velo? 
Matthias Aebischer: Vor 30, 40 Jahren stand bei Verkehrsplanungsfragen das Auto im Zentrum. Heute ist es selbstverständlich, die Bedürfnisse der Fussgänger ebenso stark zu gewichten. Deshalb haben wir ein engmaschiges Fuss- und Wanderwegnetz, deshalb sind die Schulwege sicherer geworden. Ziel des Bundesbeschlusses ist, dass die Velofahrer gleich behandelt werden wie die Fussgänger.

Wer würde vom BB Velo profitieren?
Die Entflechtung des Verkehrs hilft allen Beteiligten. Je mehr Velowege es gibt, desto sicherer wird der Verkehr. Dort, wo es einen Veloweg hat, gehört das Trottoir den Fussgängern und die Strasse den Autofahrern.

Was brächte der BB Velo den Radsportlern?
Für Mountainbiker und Wanderer wäre die Entflechtung gleichermassen ein Vorteil, weil sie sich nicht mehr in die Quere kämen. Der Biker hat seinen Trail, der Wanderer seinen Weg – und beide sind glücklich. Als «Gümmeler» bin ich auf dem Velostreifen oder -weg sicherer und entspannter unterwegs als im Mischverkehr, weil ich auch mal den Kopf auf den Lenker legen und treten kann, also nicht permanent schauen muss, ob von hinten ein Lastwagen mit Anhänger kommt. Das gilt übrigens auch umgekehrt.

Wie ist das zu verstehen?
Ich habe mit dem Nationalratskollegen und Transportunternehmer Ulrich Giezendanner über dieses Thema gesprochen. Für den Lastwagenfahrer ist es das Schlimmste, wenn sich im toten Winkel ein Velofahrer aufhält. Hat die Strasse einen gelben Velostreifen, weiss der Chauffeur, dass nichts passiert, wenn er ausserhalb des Streifens bleibt.

Würde die Schweiz durch den BB Velo zum Veloland?
Leider nicht. Acht Prozent der Schweizerinnen und Schweizer geben an, dass sie oft ein Velo benutzen. In Dänemark sind es 23 Prozent, in Holland sogar 36.

Wo orten Sie die Gründe dieser beträchtlichen Differenz?
Viele Städte sind immer noch nicht auf das Velo ausgelegt. Ich sitze regelmässig in Zürich auf dem Rad, befinde mich dabei im Mischverkehr – das ist selbst für geübte Velofahrer gefährlich. Es ist logisch, weichen viele auf das Tram oder die S-Bahn aus, weil sie risikofrei ans Ziel gelangen und nur unwesentlich mehr Zeit benötigen.

Ist es demnach primär eine Frage der Sicherheit?
Je mehr Leute velofahren, desto sicherer wird es für den Einzelnen – es gibt mehrere Studien, welche diese These belegen. Wobei die Sicherheit mit der Infrastruktur zusammenhängt. Je besser diese ist, desto mehr Leute fahren Velo. Auch der Nachhaltigkeit und Gesundheit wegen. Kommt dazu: Velofahren macht glücklich!

Wie gelangen Sie zu diesem Fazit?
Wer morgens mit dem Velo zur Arbeit fährt, beginnt sein Pensum mit einem guten Gefühl. Er war an der frischen Luft, hat das Erwachen der Umgebung erlebt und schon etwas für das körperliche Wohlbefinden getan.

Wie ist das Velo im Bundeshaus positioniert – gibt es Parteigrenzen?
Nein, im Komitee für den Bundesbeschluss Velo sind sämtliche Parteien vertreten. Und es gibt in fast jeder Partei jemanden, der sehr stark mit dem Rad verbunden ist. Das Velo ist apolitisch.

Zum Bundesbeschluss Velo

Beim BB Velo handelt es sich um den Gegenvorschlag zur 2015 lancierten und inzwischen zurückgezogenen Veloinitiative. Im Kern dreht sich der BB Velo um die Aufnahme der Velowege in die Bundesverfassung. Die Volksabstimmung findet am 23. September statt. Bundesrat und Parlament empfehlen den BB Velo zur Annahme.

Interview: Micha Jegge
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