#swisscyclingfamily | Member

Corona-Pandemie

«Im Moment bin ich im Spital nützlicher als auf dem Velo»

Elise Chabbey über das Jahr 2019: „Ich bestritt den Giro d’Italia und legte eine Woche später die Abschlussprüfung ab.“ Bild: Arne Mill

Der Radsport steht still, Elise Chabbey jedoch arbeitet trotz oder gerade wegen der Corona-Pandemie auf Hochtouren. Die Profi-Strassenrennfahrerin, welche im Vorjahr ihr Medizinstudium abschloss, unterstützt am Universitätsspital Genf vorübergehend das Personal. Die 26-Jährige schildert uns ihre Eindrücke von ihrem neuen Arbeitsplatz.

Wie ist es zu deinem Engagement im Spital gekommen?

Elise Chabbey: Mein Master-Professor leitet die nephrologische Abteilung am Universitätsspital Genf. Er wusste natürlich, dass die Saison unterbrochen worden war. Deshalb rief er mich am Montag an und fragte mich, ob ich bereit wäre, mich für eine oder zwei Wochen zur Verfügung zu stellen. Ich habe diesen Vorschlag mit meinem Trainer besprochen. Er sagte mir, dass ich angesichts der aktuellen Situation nicht zögern sollte, sofern ich mich wirklich engagieren wolle. Tags darauf stand ich in meinem weissen Kittel im Spital.

War der Entscheid demnach schnell gefällt?

Ich habe mir gesagt, dass ich dieser Tage im Spital mehr bewirken kann als auf dem Velo. Im Sport trainiere ich für Wettkämpfe, von denen wir nicht einmal wissen, ob sie überhaupt stattfinden werden. Es fällt mir jetzt schon schwer, den ganzen Tag lang untätig zu sein. Im Spital kann ich mich nützlich machen.

Wie hast du die ersten Tage im Spital erlebt?

Gemeinsam mit zwei anderen Assistenzärzten betreue ich 30 Patienten, die kein Coronavirus haben. Und ich bin bereit zu handeln, wenn die grosse Welle von COVID-19-Patienten eintrifft. Das wird wahrscheinlich in den nächsten Tagen geschehen.

Du dürftest es nach dem Medizinstudium gewohnt sein, Arbeit und Sport unter einen Hut zu bringen.

Das vergangene Jahr war mein letztes an der medizinischen Fakultät und mein erstes bei einem Profiteam. Ich bestritt den Giro d’Italia und legte eine Woche später die Abschlussprüfung ab. Das war schon nicht so einfach. Im Hinblick auf dieses Jahr beschloss ich, mich auf den Radsport zu konzentrieren und die Medizin auf Eis zu legen.

Ist es als Berufssportlerin schwierig, mit der Absage der Wettkämpfe klarzukommen?

Zu Beginn war ich enttäuscht, dass die «Strade Bianche» abgesagt wurden, denn ich hatte mich wirklich gut vorbereitet. Der Umgang mit der gegenwärtigen Situation ist insofern schwierig, als wir uns in einem Zustand der Unsicherheit befinden – zum Beispiel, was den Verlauf der Formkurve betrifft: Müssen wir uns derzeit ausruhen oder weiter trainieren? Aber grundsätzlich gilt es, verantwortungsbewusst zu handeln. Wir müssen uns bewusst sein, dass es im Moment Wichtigeres gibt als den Sport und der Rennbetrieb früher oder später wieder aufgenommen wird.

Wie sieht im Moment dein Training aus?

Ich versuche, morgens früh aufzustehen und laufen zu gehen. Abends, wenn meine Schicht im Spital fertig ist, trainiere ich zuhause. Anstatt lange Ausfahrten zu unternehmen, arbeite ich an den Intensitäten. Mein grosses Ziel sind die Weltmeisterschaften in Aigle-Martigny von Ende September. Da bleibt mir genügend Zeit, mich darauf vorzubereiten.

Elise Chabbey hat die Schweiz an der Strassen-WM 2019 in Yorkshire vertreten. Bild: Arne Mill

Dein Browser ist nicht mehr aktuell. Bitte aktualisiere Deinen Ihren Browser.