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WM Berlin

Gisigers (vor)letzte Mission

Der Doyen steht in der Mitte: Daniel Gisiger ist das Herz des Schweizer Bahnprojekts. Bild: Guy Swarbrick

Daniel Gisiger leitet seit 13 Jahren die Geschicke der Schweizer Bahnfahrer. Die WM in Berlin ist für den Ende Jahr in Pension gehenden Nationaltrainer der vorletzte Grossanlass, sofern sich die Schweizer für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizieren.

Als Aktiver hat Daniel Gisiger in den Siebziger- und Achtzigerjahren auf der Bahn wie auf der Strasse zahlreiche Erfolge gefeiert. Dabei schätzte der 65-jährige Bieler stets die technische und emotionale Komponente der Bahn. „Ehrlich gesagt, eine Weltmeisterschaft ist etwas vom Schönsten, das ich erlebt habe. Natürlich ist es toll, bei der Tour de France auf dem Tourmalet-Pass zu stehen. Wenn die Fahrer aber einmal vorbeigerauscht sind, verdrückt man sich in sein Wohnmobil und sieht sich das Ganze am TV an. Auf der Bahn kann man von A bis Z alles mitverfolgen.“

Als ehemaliges Mitglied des Bahnvierers, der 1977 an den Weltmeisterschaften im venezolanischen San Cristobal für den ersten Schweizer Medaillengewinn überhaupt sorgte, träumt Gisiger von einem neuerlichen Podestplatz in der Mannschaftsverfolgung. „Früher bewegten wir uns zwischen Platz 6 und 10. Heute wohl eher zwischen 3 und 6. Alles ist so nahe beisammen. Es geht wirklich nur um die Details.“

Zusammen mit Robert Dill-Bundi, Hans Känel und Walter Baumgartner gewann Gisiger vor mehr als 40 Jahren in Südamerika die Bronzemedaille. Er hofft, dies bei den Weltmeisterschaften in Berlin, die diesen Mittwoch beginnen, oder im Optimalfall bei den Olympischen Spielen in Tokio, erneut miterleben zu können. Dabei liess Gisiger nichts unversucht. Der Nationaltrainer wollte Stefan Küng davon überzeugen, das Abenteuer auf der Bahn fortzusetzen und nach Berlin zu kommen. Der Thurgauer, der im letzten Herbst im WM-Strassenrennen Bronze gewann, war in jüngeren Jahren ein erfolgreicher Bahnfahrer. 2014 holte er in der Mannschaftsverfolgung EM-Silber, im Jahr darauf wurde er in der Einzelverfolgung sogar Weltmeister.

„Natürlich kam es nicht in Frage, dass Stefan im letzten Moment kommt und den Platz von einem anderen Fahrer einnimmt. Er hätte sich ein oder zwei Vorbereitungszyklen auferlegen müssen. Aber wir sind auf eine reglementarische Hürde gestossen. Für eine WM-Teilnahme hätte er zehn Punkte bei einem Weltcup-Event sammeln müssen, leider hat er aber an keinem Wettkampf teilgenommen“, hält Gisiger fest. „Aber wenn wir Stefan Küng mit einem Stefan Bissegger und einem Fahrer wie Robin Froidevaux für die Mannschaftsverfolgung wieder auf die Bahn bringen, können wir zu den Favoriten für die Olympischen Spiele 2024 in Paris gehören.“

Gisiger ist seit 2007 für Swiss Cycling tätig und hat dabei mehrere Führungscrews erlebt. Die jetzige ist davon überzeugt, dass die Entwicklung das Bahn-Projekts in der Schweiz weitergeführt werden sollte. Dies umso mehr, als der Schweizer Radsport mit dem Velodrome in Grenchen seit 2014 über eine ausgezeichnete Infrastruktur verfügt. „Es war wie ein Weihnachtsgeschenk“, sagt Gisiger zum Oval im Kanton Solothurn, das vom mittlerweile verstorbenen Andy Rihs initiiert worden war. Selbst die besten ausländischen Bahnfahrer kommen heutzutage zum Training nach Grenchen.

Für Gisiger geht es in Grenchen auch stets darum, neue Talente zu sichten. Junge Schweizer Fahrer sind in ihrem ersten Junioren-Jahr auf der Strasse verpflichtet, ein Trainingslager auf der Bahn zu absolvieren. Mit seinem scharfen Blick versucht Gisiger die potenziellen Stars von morgen zu finden – solche, die mit ihm den Traum vom Gewinn einer WM-Medaille teilen. (sda)

 

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