#swisscyclingfamily | Member

WM Glasgow

Gold, Aufgabe, Platz 4

Rang 4 nach guter Darbietung: Marlen Reusser fährt auf dem George Square über die Ziellinie Bild: Arne Mill

Drei Tage nach ihrer Aufgabe im Zeitfahren bestreitet Marlen Reusser das WM-Strassenrennen. Die Bernerin zeigt sich während der gesamten 154 km vom Loch Lomond nach Glasgow auf der Höhe des Geschehens, verpasst aber als Vierte knapp eine Medaille. Elise Chabbey hatte es mit einer Soloflucht versucht; für die Genferin war das Rennen um eine Runde zu lang.

Erfolgreiche Titelverteidigung am Dienstag im Mixed-Teamzeitfahren, gefolgt von der überraschenden Aufgabe zwei Tage später als aussichtsreiche Medaillenanwärterin im Einzelzeitfahren, und zum WM-Abschluss dann ein starker Auftritt im Strassenrennen – für Marlen Reusser war es war eine WM-Woche der Extreme.

Auf die Frage, ob sie die Geschehnisse der letzten Tage erklären könne und wie sie sich wieder fürs Strassenrennen habe fokussieren können, sagte die sonst so eloquent und ausführlich antwortende 31-Jährige aus Hindelbank allerdings nur: „Nein, dazu möchte ich keinen Kommentar abgeben.“

Zuvor hatte Reusser zum Renngeschehen Auskunft gegeben. Dabei sprach sie davon, dass ihre Teamkollegin Elise Chabbey „ein wirklich mega-starkes Rennen“ gefahren sei, sie sei „ultra-lang“ vorne gewesen. Die Genferin hatte sich 75 km vor dem Ziel vom kleinen Feld mit allen Favoritinnen abgesetzt. Danach fuhr sie in der Folge mit bis zu eineinhalb Minuten Vorsprung solo an der Spitze und wurde erst rund 15 km vor dem Ziel eingeholt.

In dieser langen Phase konnte Reusser Kräfte sparen, weil sie bei der Nachführarbeit nicht gefordert war. „Das war für mich natürlich ideal.“ Das bis zu diesem Zeitpunkt perfekte Rennen aus Schweizer Sicht endete allerdings nicht mit dem erhofften Szenario. Am letzten der kurzen, aber steilen Anstiege in der Innenstadt Glasgows musste Reusser die am Ende zweitklassierte Niederländerin Demi Vollering ziehen lassen.

„Leider bin ich etwas zu wenig ‚punchy‘ (explosiv im Antritt; die Red.) wie wir sagen. Ich versuchte, mit Demi mitzugehen, aber nach zwei Dritteln des Anstiegs hat es mich komplett parkiert“, bedauerte die Schweizerin, der im Ziel nur fünf Sekunden zu Bronze und deren zwölf zu Gold fehlten. Schon zuvor hatte sich zudem die belgische Weltmeisterin Lotte Kopecky, die wie Vollering und Reusser beim Team SD Worx unter Vertrag steht, mit der Dänin Cecilie Uttrup Ludwig abgesetzt.

Mit dem 4. Platz sei sie „zufrieden“, auch Rang 7 für Chabbey finde sie „sehr cool“. Ob es nicht doch ein bisschen schmerze, eine Medaille so knapp zu verpassen? Marlen Reusser ringt lange Sekunden sichtlich um Worte und setzt dann zu einer Antwort an: „Ich war heute am Start wie…“, ohne den Satz allerdings zu Ende zu führen.

Nationaltrainer Edi Telser sprach vom lange Zeit „perfekten Rennen. Die Frauen haben alles gegeben und sich gut in Szene gesetzt. Leider fehlt am Schluss die Medaille.“ Der Südtiroler hätte sich gewünscht, dass nach der Einholung von Chabbey „Marlen sofort ein bisschen offensiver gewesen wäre und nicht nur am Reagieren. Aber Lotte (Kopecky) war erwartungsgemäss die Stärkste, auch Demi (Vollering) war sehr stark. Es wäre maximal um Platz 3 gegangen.“

Die Leistung von Reusser überraschte Telser keineswegs: „Wir wussten, dass Marlen rein physisch parat ist. Das wäre sie auch im Zeitfahren gewesen, doch da schaffte sie es mental nicht.“ Drei Tage nach der Aufgabe in Stirling, wo sie auf Medaillenkurs einfach vom Zeitfahr-Velo gestiegen war und erklärt hatte, „keinen Bock“ zu haben, fand Reusser im Strassenrennen jedoch nach Telser Ansicht „in den Flow. Im Rennen war eine solche Dynamik, da kannst du gar nicht anders als fahren.“

Auf die Frage, ob seine Athletin nun die von ihr so erhoffte Pause antreten und in die Ferien gehen kann, ging der Nationaltrainer von Swiss Cycling nicht ein: „Im Fokus stand das heutige Rennen. Nun schauen wir dann weiter.“ Nicht auszuschliessen ist, dass Reusser nun eine längere Pause einlegt. Gar das vorzeitige Saisonende ist denkbar, um die nötige Zeit zu erhalten, sich auf die Grossaufgaben im kommenden Jahr mit den Olympischen Spielen in Paris und der Heim-WM in Zürich vorbereiten zu können.

„Wir müssen nach der WM alles reflektieren. Es geht hier um die Gesundheit der Athletin“, sagt Telser. Es gelte für 2024 eine sehr gute Planung aufzustellen, „damit es nicht wieder zu einem solchen Fall kommt“.

Text: Keystone-SDA

Elise Chabbey landete nach langer Soloflucht auf Platz 7. Bild: Arne Mill

Dein Browser ist nicht mehr aktuell. Bitte aktualisiere Deinen Ihren Browser.