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Monatsinterview

«Es ging Schlag auf Schlag – ich war sofort mittendrin»

Team Sunweb

Aufsteiger: Marc Hirschi (Zweiter von links) hat sich in seinen ersten World Tour-Wochen bereits dreimal in den Top Ten eingereiht. Bild: Team Sunweb

Neoprofi Marc Hirschi hat in der Baskenland-Rundfahrt die Etappenränge 4 und 5 belegt; beim E3-Preis in Harelbeke wurde der 20-jährige Berner Zehnter. Im Monatsinterview von Swiss Cycling spricht der U23-Weltmeister über den rasanten Start, die Differenz zu den Besten sowie die Aushängeschilder seines Sunweb-Teams.

Auf deinem Resultatblatt stehen mittlerweile acht Profirennen. Wie hast du die ersten Wochen in der World Tour erlebt?
Marc Hirschi: Der Auftakt an der Algarve war verhältnismässig sanft. Bei Strade Bianche ging es richtig zur Sache, und dann rutschte ich ins Aufgebot für Mailand–Sanremo. Da merkst du rasch, dass es sich um grosse Rennen handelt, das Level deutlich höher ist.

Dein Rennprogramm wurde wegen verletzungsbedingten Ausfällen von Kollegen deines Sunweb-Teams durcheinandergewirbelt. Wie gehst du mit solchen Planänderungen um?
Ich mache mir diesbezüglich kaum Gedanken. Es ging Schlag auf Schlag – ich war sofort mittendrin und musste mich den Herausforderungen stellen. Künftig werde ich von diesen Erlebnissen vermutlich profitieren. Ich registrierte aber auch ziemlich schnell, dass im Vergleich mit den Grossen noch etwas fehlt.

Wie äussert sich das?
Muss ein Routinier fünf Stunden nach Rennbeginn plötzlich voll fahren, weicht sein Leistungsvermögen im Vergleich zu jenem in frischem Zustand vielleicht um fünf Prozente ab. Als Junger bist du in solchen Phasen schnell einmal platt; es fehlt an Substanz.

In Harelbeke bist du in einem anspruchsvollen Pavés-Rennen als jüngster Teilnehmer Zehnter geworden. Hast du dich selber überrascht?
Definitiv! Weil Sören (Kragh Andersen; die Red.) muskuläre Beschwerden hatte, durfte ich auf eigene Rechnung fahren. Ich war in der Fluchtgruppe gewesen, hatte gute Beine, war euphorisiert. Und ich konnte beweisen, dass ich vorne mitfahren kann, wenn ich die Gelegenheit erhalte.

Wie geht die arrivierte Konkurrenz mit einem 20-Jährigen um, wenn dieser seine Nase auch in der Schlussphase ganz vorne reinstreckt?
In der Mitte des Rennens registriert man diesbezüglich Unterschiede. Da spürst du den Respekt gegenüber den Stars. Aber am Ende, wenn es «um die Wurst» geht, ist jeder gleich. Der Positionskampf ist hart, auf Namen wird keine Rücksicht genommen.

Als U23-Athlet warst du dich Distanzen um die 150 Kilometer gewohnt. Nun hast du Mailand–Sanremo und das Amstel Gold Race bestritten, für Lüttich–Bastogne–Lüttich bist du ebenfalls vorgesehen. Wie fühlt es sich an, über 250 Kilometer lange Rennen zu bestreiten?
Die Distanzen sind nicht das Problem, es kommt auf das Tempo an. In Sanremo konnte ich lange vorne mitmischen, weil die Pace eher tief war. Beim Amstel Gold Race wurde von Beginn weg schnell gefahren. Da war ich nach 200 Kilometern schon halb leer.

Du hast innert zweier Monate in fünf Ländern Rennen bestritten. Wo verbringst du die Zeit zwischen den Wettkämpfen?
Primär in Holland. In Sittard hat Sunweb Wohnungen bauen lassen, das Frauenteam und das Development Team sind dort untergebracht. Während der Ardennenklassiker wohnt das Profiteam in Maastricht in einem Hotel. In den letzten Wochen war ich nicht oft zuhause.

In deinem Team fahren mit Tom Dumoulin und Michael Matthews zwei Grössen der Szene. Was kannst du von ihnen lernen?
Es sind Leaderfiguren, auf und neben der Strasse. Sie können das Team führen, lassen dich spüren, dass sie dir vertrauen, bringen dir Wertschätzung entgegen. Sie kritisieren, wenn es nötig ist, sprechen aber auch Lob aus. Von ihnen kann ich in fast jeder Hinsicht profitieren.

Nach Lüttich–Bastogne–Lüttich wird dir eine Pause gegönnt. Weisst du schon, wie dein Sommerprogramm aussehen wird?
Nach der Pause fliege ich nach Norwegen; ich bestreite die Hammer Series und die Tour of Norway. Danach kommt die Tour de Suisse, da freue ich mich schon jetzt darauf.

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