WM RUANDA
Auf dem Weg zu WM-Gold auf den Strassen von Ruanda
Marlen Reusser in Downtown Glasgow während der 2023 WM Bild: Arne Mill
Zum ersten Mal findet die Strassenrad-WM auf afrikanischem Boden statt. Bei der 98. Austragung feiert Ruanda Premiere. Die Wettkämpfe beginnen am Sonntag mit dem Zeitfahren, bei dem Marlen Reusser um den Titel kämpfen wird.
Ab Sonntag werden während acht Tagen insgesamt 13 Medaillensätze vergeben – in den Disziplinen Strassenrennen und Zeitfahren, jeweils in den drei Kategorien Junioren, U23 und Elite, bei Frauen und Männern. Hinzu kommt die Mixed-Staffel, bei der je drei Frauen und Männer zwei Teamzeitfahren absolvieren und sich dabei virtuell den Staffelstab übergeben. Anders als bei der erstmals inkludierten Strassenrad-WM vor einem Jahr in Zürich werden bei den Titelkämpfen in Ruandas Hauptstadt keine Para-Rennen ausgetragen.
Erstmals in der Geschichte findet zudem ein separates U23-Strassenrennen der Frauen statt. Im Vorjahr starteten die Fahrerinnen noch gemeinsam mit der Elite, wurden im Ziel jedoch getrennt gewertet.
Ruanda gilt als das Land der tausend Hügel – und das spiegelt sich auch in der WM-Strecke wider. Sowohl in den Zeitfahren als auch in den Strassenrennen präsentieren sich die Kurse aufgrund der zahlreichen kurzen Rampen als sehr anspruchsvoll. Es sind viele Höhenmeter zu bewältigen, und die dünne Luft in der ruandischen Hauptstadt Kigali, die auf über 1500 m über Meer liegt, wird zusätzlich für grosse Strapazen sorgen.
Das Kernstück der Strecke ist ein 15,1 km langer Rundkurs mit einem 1,3 km langen, gepflasterten Anstieg kurz vor der Zieldurchfahrt. Die Frauen absolvieren diesen Parcours elfmal, die Männer fünfzehnmal, und zwar zusätzlich mit einer einmaligen Schleife über den Mount Kigali.
Vor einem Jahr gewann die Schweiz an der Heim-WM zwei Medaillen: Jasmin Liechti und Jan Christen sicherten sich im Zeitfahren der U23-Kategorie Silber respektive Bronze. In diesem Jahr müssen sich beide mit der Elite messen.
Die grösste Medaillenhoffnung im Schweizer Team ist Marlen Reusser. Am Sonntag, dem Tag nach ihrem 34. Geburtstag, bestreitet sie in Kigali das WM-Zeitfahren. Ein WM-Titel, der ihr bislang fehlt, wäre das perfekte Geschenk. Schon oft war sie nahe dran, ganz oben stand sie nie. Am Sonntag bekommt sie eine neue Chance auf das Regenbogentrikot, vielleicht die beste seit Jahren. „Ich weiss, dass es sehr realistisch ist, dass ich es holen kann“, sagt Reusser selbstbewusst, aber nicht überheblich. Die Bernerin gibt nach ihrem Ausstieg aus der Tour de France im Juli ihr Comeback und hat das Potenzial, im Einzelzeitfahren, im Mixed-Teamzeitfahren und im Strassenrennen auf das Podest zu fahren. Mit der formstarken Elise Chabbey verfügt die Schweiz im Strassenrennen über einen weiteren Trumpf und gute Aussichten. Elena Hartmann und Steffi Häberlin fallen aus. Während die dreifache Schweizer Zeitfahrmeisterin Hartmann die Reise nach Kigali aus familiären Gründen nicht antritt, kommen die ersten internationalen Titelkämpfe auf afrikanischem Boden für Häberlin nach einem Ende August erlittenen Sturz mit anschliessender Ellbogen-Operation zu früh.
Patrick Müller, der Leistungssportchef von Swiss Cycling, spricht vom „stärksten Frauen-Nationalteam in diesem Jahrhundert“. Auch die Männer haben mit Marc Hirschi, Mauro Schmid und Jan Christen mehrere gute Karten. Im Zeitfahren zählt Stefan Küng wegen der vielen Höhenmeter ausnahmsweise nicht zum Favoritenkreis.
Text: Keystone-SDA
