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Top Tour

Zwischen kleinen Kämpfen und grossen Herausforderungen

Ambitioniert: Alexandra Beckstein stellt sich gerne grossen Herausforderungen. Bild: zvg

In diesem Frühjahr beginnt eine neue Serie der Swiss Cycling Top Tour. Ein Veloformat für jedermann – und jede Frau! Alexandra Beckstein ist das Paradebeispiel für die «Gümmelerin». Sie plant Starts bei vier Events und fordert Frauen auf, selbst in die Pedale zu treten, statt nur ihre Männer zu begleiten.

Was die Events der Swiss Cycling Top Tour gemeinsam haben, sind zahlreiche velovernarrte Frauen und Männer, welche Pässe erklimmen, Seen umrunden und die Leidenschaft des sogenannten «Gümmelen» teilen. Auch Alexandra Beckstein ist seit letztem Jahr eine von ihnen. Doch im Gegensatz zu vielen anderen sitzt die 41-jährige Wahlbernerin nicht seit ihrem Jugendalter im Sattel.

«Erst» könnte man entgegnen, wenn die sportbegeisterte «Alex» erzählt, dass sie sich vor drei Jahren zum ersten Mal auf ein Rennrad gesetzt hat. Wie beim Mountainbike vier Jahre zuvor, war sie fürs Zweirad sofort «angefressen », und zwar von Tag 1 an. Ein Occasion-Velo wird gekauft, mittlerweile gibt es fürs Zweirad sogar ein GA. «Was mir am Velofahren gefällt, ist die Geschwindigkeit – und ich spreche von der Geschwindigkeit ganz neutral gesehen: Wenn man auf dem Fahrrad unterwegs ist, ist man schnell genug, um von A nach B zu kommen und trotzdem so langsam, dass man die Umgebung richtig wahrnehmen kann.» Im Unterschied zu den Mountainbike-Touren muss sie nichts vorbereiten – sie geniesst die Unabhängigkeit. «Ausser dem Fahrrad und in meinem Fall wohl einem GPS-Gerät benötige ich nichts und habe Platz für Spontanität.»

Im meditativen Rhythmus

Doch geradeaus reicht dann eben doch nicht. Die Schweiz scheint für Beckstein das ideale Terrain zu bieten, denn Pässe stehen auf ihrer Liste ganz oben. Sie geht sogar so weit, dass sie sich in diesem Jahr der «Route des Grandes Alpes» stellen möchte. Die Strecke beginnt in Genf, umfasst 700 Kilometer und 15 700 Höhenmeter, führt über 16 Pässe und endet an der französischen Côte d’Azur. Eine Tour über sechs oder sieben Tagesetappen: nicht gerade unambitioniert für jemanden, der kaum Wettkämpfe bestreitet – oder eben gerade deswegen? Sie fahre einfach so, wie es ihr Spass mache. Und dabei geht es nicht nur um die Geschwindigkeit, sondern vor allem um die Herausforderung: «Es hat beinahe etwas Meditatives, den Berg hochzukommen und entspannt runterzufahren.»

«Wenn man auf dem Fahrrad unterwegs ist, ist man schnell genug, um von A nach B zu kommen und trotzdem so langsam, dass man die Umgebung richtig wahrnehmen kann.»

Doch wie so oft: Übung macht den Meister, und der Ehrgeiz kitzelt. Letztes Jahr hat Alexandra zum ersten Mal an einem Radrennen teilgenommen. «Ich fechte gerne so kleine Kämpfe am Berg aus – mit mir selbst oder den anderen, ohne dass diese es wissen. Am Anfang hatte ich ein bisschen Angst davor, in einer so grossen Gruppe zu starten, und ich war auch wirklich nervös. Als sich das Feld jedoch auseinanderzog, ich mein eigenes Tempo fand und in diesen meditativen Rhythmus kam, war es einfach nur mega schön». Dass sich die in Wettkämpfen unerfahrene Neo-Radlerin bei ihrer Teilnahme gar nicht viel gedacht hatte, verlieh ihr wohl gerade jenes Bisschen Mut, welches von Nöten war, um die Rennerfahrung an sich überhaupt anzugehen.

Wenn sie sich auspowern möchte, steigt sie alleine aufs Velo. Doch Beckstein ist ein sozial veranlagter Mensch, mag daher auch den gesellschaftlichen Aspekt des Velofahrens. Es gibt immer einer, der schneller ist. «So pusht man sich schon auch mal und zieht sich gegenseitig», meint sie – Einzelkämpfer in einer Gruppe also. Auf ihren Ausfahrten spielt es für sie keine Rolle, ob sie mit einer Frauen- oder einer gemischten Gruppe unterwegs ist. Dass die Männer stärker über den Wettkampfcharakter verfügen, kann sie bezeugen: «Sie fahren ein bisschen technischer. Das erlebe ich in der Frauengruppe seltener. Wir fahren einfach zügig, weniger mit der Ambition, alles perfekt und richtig zu machen; es geht um die Sache an sich: zusammen schnell zu sein, aber auch regelmässig aufeinander zu warten.»

«Wir Frauen fahren einfach zügig, weniger mit der Ambition, alles perfekt zu machen.»

Als Fachspezialistin in einer männerdominierten Branche ist Beckstein die Konstellation aus dem Berufsleben gewohnt. Trotzdem hätte die passionierte Velofahrerin nichts gegen etwas mehr geschlechtliche Diversität an Hobbyrennen. Dass sich Frauen durch den hohen Männeranteil an Rennen tendenziell eingeschränkt fühlen, erlebt sie immer wieder. «Frauen begleiten ihre Männer an den Start, sehen mich und fragen dann erstaunt, ob ich auch mitfahre. Wenn ich sie daraufhin auffordere, auch mal mitzukommen, lassen beinahe alle durchdringen, dass sie sich eine solche Leistung nicht zutrauen: ‚Nein, das kann ich nicht‘, heisst es oftmals». Das Gefühl, sich mit den Männern messen zu müssen, hat Beckstein nicht. Vielmehr erachtet sie den Leistungsunterschied zwischen den Geschlechtern als «natürlich und schön».

Alexandra Beckstein plant in diesem Jahr, an vier Top Tour-Events teilzunehmen. Voraussichtlich ist sie am Alpenbrevet, am Granfondo San Gottardo, an der Tour des Stations und bei L’Étape du Tour anzutreffen.

Daten Swiss Cycling Top Tour 2020

16. Mai ANNULIERT – Berner Rundfahrt Lyss BE
01. Jun Chasing Cancellara + Dillier Classic Gippingen
07. Jun Säntis Classic Weinfelden TG
14. Jun Alpen Challenge Lenzerheide GR
03. Jul Chasing Cancellara + Bern-Andermatt Bern
05. Jul Engadin Radmarathon Zernez GR
19. Jul Granfondo San Gottardo Ambrì TI
08. Aug Tour des Stations/Marmotte Valais Martigny/Crans-Montana/Verbier VS
16. Aug L’Étape Switzerland by Tour de France Bern
22. Aug Swiss Cycling Alpenbrevet Andermatt
28. Aug Chasing Cancellara + Zürich-Zermatt Zürich
12. Sep Bodensee-Radmarathon Altenrhein SG

 

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