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WM Bogense

Zwischen einem Damm, zwei Meeren und der Vorfreude auf Schweisstropfen

Dauerbrenner: Der 35-jährige Simon Zahner hat in Bogense zum 17. Mal an Radquer-Weltmeisterschaften teilgenommen. Bild: Chris Auld

Nach dem letzten Weltcup reiste fast die ganze Nationalmannschaft direkt von Holland nach Dänemark. Dadurch hatten wir nicht nur genügend Zeit für sämtliche Vorbereitungen am Material und gezielte letzte Trainings ohne Reisetag kurz vor dem Rennen. Es war auch Zeit vorhanden, um Anregungen für künftige Saisons anzubringen betreffend Trainingslager, Mittwochnachmittag-Training und der Frage, wie wir Athleten uns an den Weltcuprennen besser gegenseitig unterstützen können. Die geniale Stimmung wollten wir natürlich ins WM-Wochenende mitnehmen, nachdem auch in Bogense selber die Zeichen mit jedem Tag deutlicher auf WM gestellt und als letzte Handlung sogar die Blumentöpfe und Verkehrsinseln in Regenbogenfarben eingepackt worden waren. Nach dem letztjährigen Weltcup hatten die Veranstalter keine Mühen gescheut und die Strecke verbessert, damit der steile Damm an den meisten Stellen fahrend bewältigt werden konnte.

Obwohl die direkt an der Ostseeküste gelegene Strecke auf das Männerrennen hin wegen des starken Windes trockener geworden war, blieb ich bei der Entscheidung, mit Schlammreifen zu starten. An den insgesamt vier Velos bereitete mein Mechaniker Dani verschiedene Reifenkombinationen vor – für den Fall, dass ich während des Rennens auf meinen Entscheid zurückkommen sollte. Nun musste er das ganze Material durch die vielen angeheiterten Zuschauer in die Tech-Zone tragen, während ich mich nach dem Einfahren Richtung Start begab.

„Ein zufriedenstellendes Resultat nach einer Saison, die von Stürzen und Krankheiten geprägt war“, sagt Simon Zahner über seinen 22. Rang. Bild: Chris Auld

Mit viel Risiko und Ellbogeneinsatz konnte ich auf den ersten beiden Holzbrücken schon einige Plätze gutmachen, wobei ein Start aus der fünften oder sechsten Reihe natürlich den Vorteil hat, dass von hinten nicht mehr viel Gegenwehr kommt. Nach der geglückten ersten Auffahrt auf den Damm blickte ich kurz nach rechts unten – und mir blieb fast das Herz im Hals stecken: Neben dem Meer reihte sich nahtlos ein Meer aus Zuschauern an. Ich nahm einen Riesenlärm wahr, es war ein Gemisch aus Geschrei, Hörnern und Kuhglocken.

Dann richtete ich den Fokus wieder auf das Hinterrad des Vordermanns. Lange Geraden, starker Wind und hoher Speed machten das Windschattenfahren zu einem wichtigen Faktor. Ich konnte erneut einige Fahrer überholen und befand mich in der dritten Runde in den ersten 20, verlor den Anschluss an diese Gruppe jedoch wegen eines Sturzes wieder. Ich liess mich von der nächsten Gruppe einholen, war eine Viertelstunde lang in eine richtige Keilerei zwischen Platz 20 und 30 verwickelt, konnte mir aber nach Rennhälfte ein sauberes Velo holen, und plötzlich sah ich die vor uns fahrende Gruppe wieder. In den letzten 15 Minuten vermochte ich den Kopf mit viel Einsatz und wenig Fahrfehlern über Wasser zu halten und das Rennen auf Platz 22 zu beenden – ein zufriedenstellendes Resultat nach einer Saison, die von Stürzen und Krankheiten geprägt war.

Ich freue mich schon jetzt auf jeden Tropfen Schweiss, der in der Vorbereitung auf dieses Rennen fliessen wird.

Aus „Nach dem Rennen ist vor dem Rennen“ wird am Saisonende „Nach dem Rennen ist vor der Heimreise“ – vor allem, wenn diese 1300 km lang ist. Und so muss das gesamte Material gereinigt und verladen werden, während der Camper jedem, der Lust hat, als Dusche dient, solange noch warmes Wasser vorhanden ist. Wir verabschieden uns von allen, die noch hier sind, während die meisten Beteiligten schon dabei sind, nach Kopenhagen zu hetzen, um ihren Rückflug zu erwischen.

„Nach der WM ist vor der WM“ trifft aber noch viel besser zu, weil uns die Heimreise einen Tag später fast bis nach Dübendorf (fünf Kilometer daran vorbei, um genau zu sein) führen wird, und wir es kaum erwarten können, in einem Jahr in den Genuss einer Heim-WM zu kommen. Ich freue mich schon jetzt auf jeden Tropfen Schweiss, der in der Vorbereitung auf dieses Rennen fliessen wird. Und ich bin sehr dankbar, neben der Unterstützung von Familie, Freunden und Sponsoren auch den Support von Swiss Cycling zu spüren. Dass wir auf Bruno Diethelm als Nationaltrainer zählen dürfen, ist ein riesiger Vorteil. Es hilft, mit dem Kopf Berge zu versetzen und mit dem Velo Dämme auf Flugplätzen und anderswo zu erklimmen.

Bilder: Simon Zahner

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