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Jolanda Neff

Zwei Schritte vorwärts, einer zurück

Bild: SWpix.com

Einen Monat nach dem Weltcup-Auftakt in Brasilien greifen die Mountainbikerinnen am Wochenende im deutschen Albstadt in Europa ins Geschehen ein. Für Jolanda Neff beginnt die Suche nach Konstanz wieder von vorne.

Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die letzten Jahre: die gesundheitlichen Auf und Abs der Jolanda Neff. Nach dem Olympiasieg im Vorjahr folgte zum Auftakt der Weltcup-Saison 2022 wieder ein Dämpfer. Anstatt die gute Frühform in den Weltcup mitzunehmen, setzte eine Grippe Neff mehrere Wochen komplett ausser Gefecht.

„Zwei Wochen lag ich mit Fieber und Kopfweh flach, erst nach drei Wochen war ich wieder richtig gesund“, schildert Neff. Dabei war die Vorfreude auf die Weltcup-Premiere in Brasilien riesig, auch weil die 29-jährige Ostschweizerin nach Jahren des Wellengangs in einer vorzüglichen Verfassung war. Den Test-Event auf dem Heimkurs von Henrique Avancini hatte sie kurz zuvor mit über sechs Minuten Vorsprung gewonnen.

„Zwei Schritte vorwärts, einer zurück.“ So schildert Neff ihren Weg seit dem folgenschweren Trainingssturz in den USA vor zweieinhalb Jahren, als ein Milzriss und Lungenkollaps plötzlich ihre ganze sportliche Zukunft gefährdeten. Die Amplitude des Auf und Abs erreichte neue Extremwerte; die schlimme Verletzung von Ende 2020 markierte den Tiefpunkt, Olympiagold vor ihren Landsfrauen Sina Frei und Linda Indergand den Höhepunkt. Viel extremer gehts nicht.

Von der Grippe, die fast das ganze Trek-Team erfasste, hat sich Neff inzwischen erholt. Aber selbstredend warf sie diese in ihrem Leistungsvermögen zurück. Abermals musste die Gesamtweltcupsiegerin von 2014, 2015 und 2018 ihre Ambitionen revidieren. Vor dem Saisonstart in Brasilien wähnte sie sich nahe an ihrem früheren Level und liebäugelte sie mit der Konstanz früherer Tage. Obwohl sie erst im Aufbau sei, sei sie besser in Form als beim Olympiasieg. Sie habe das Gefühl, sie sei allmählich wieder die Alte, sagte sie. Und jetzt? „Jetzt ist die Form natürlich nicht mehr auf dem Stand, auf dem sie vor der Grippe war…“

„The story of my life“, sagt Neff mit einem fatalistischen Achselzucken. Spricht sie heute über ihr Befinden, schwingt in den Worten nunmehr etwas Temporäres mit. „Im Moment gehts mir gut“, sagt sie etwa vor dem Europa-Auftakt, mit Betonung auf den Moment.

Ins Hadern gerät Neff ob der Schwankungen längst nicht mehr. Sie hat ihre Verwundbarkeit angenommen, verspürt auch in der Rolle der nur noch punktuell unschlagbaren Mountainbikerin Freude und Genugtuung. Andererseits sagt sie, wäre sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung jetzt bereit für weitere Grosserfolge. „2016 hätte ich mit den Begleiterscheinungen von Olympiagold nicht umgehen können. 2021 war ich viel mehr bereit. Ich bin erwachsener und geerdeter und zerbreche nicht mehr an diesem Impact, so wie das vielen Frauen passiert schon passiert ist.“

Mit Blick auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris ist Konstanz bei den Schweizer Mountainbikerinnen indes gefragt. Aufgrund einer Regeländerung werden in drei Jahren nur noch zwei Athletinnen pro Land an den Sommerspielen startberechtigt sein. Der dritte Quotenplatz für die Top 2 des Nationen-Rankings, zu denen die Schweiz in den letzten Jahren ausnahmslos gehörte, wurde gestrichen. Gleiches gilt bei den Männern.

Keystone-SDA
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