WM Pruszkow
Tokio 2020 im Visier
Die Schweizer Bahnfahrer gehören an den am Mittwoch beginnenden Weltmeisterschaften in Pruszkow nicht zu den Favoriten. Für die verjüngte Equipe geht es in Polen primär darum, sich im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio gut zu positionieren.
Gleich zu Beginn der Titelkämpfe im Süden Polens steht der Schweizer Bahnvierer im Fokus. Das Aushängeschild des Bahn-Teams von Swiss Cycling überraschte zuletzt mit einem nationalen Rekord. Um fast 1,7 Sekunden blieben Claudio Imhof, Stefan Bissegger, Frank Pasche und Cyrille Thièry Ende Januar beim Weltcup im neuseeländischen Cambridge unter der alten Bestmarke, aufgestellt im letzten August beim sensationellen Gewinn der EM-Silbermedaille in Glasgow.
Trotz der starken Leistung wird es für das Schweizer Quartett in Polen nicht einfach, den 6. WM-Rang aus dem Vorjahr zu bestätigen. Im Jahr vor den Olympischen Spielen ist das internationale Niveau nochmals gestiegen. „Die Topnationen sind alle mit ihren besten Fahrern am Start. Das ist im Weltcup nicht immer der Fall“, sagt Daniel Gisiger, der Schweizer Nationaltrainer. Den Fokus richten die Schweizer deshalb auf die Olympiaqualifikation, die seit der letzten EM läuft und mit der WM im nächsten Jahr enden wird.
In der Mannschaftsverfolgung, die als „Königsdisziplin“ auf der Bahn gilt, dürfen in Tokio lediglich die besten acht Nationen antreten. Die Schweiz belegt im Qualifikations-Ranking derzeit exakt den 8. Rang. „Unser Ziel ist, die direkt hinter uns liegenden Nationen wie Deutschland, Frankreich oder Belgien auf Distanz zu halten“, hält Gisiger fest. „Australien, Grossbritannien, Neuseeland, Dänemark und Italien liegen für uns ausser Reichweite.“ Der Bieler, der nach den Olympischen Spielen 2020 in Pension gehen wird, rechnet daher mit einer Klassierung zwischen den Plätzen 6 und 10. „Die Entscheidung wird wohl im Zehntelbereich fallen.“
Aufsteiger Froidevaux, Leader Imhof
Im Vergleich zur EM von letztem Sommer tritt die Schweiz in Polen mit einem verjüngten Team an. Sechs von zehn Schweizer WM-Startern sind jünger als 23-jährig. Im Aufgebot fehlen unter anderen die routinierten Tristan Marguet (31) und Théry Schir (26), die im Madison (2020 wieder olympisch) zuletzt unter den Erwartungen geblieben sind. An ihrer Stelle erhalten Robin Froidevaux (20) und Nico Selenati (22) eine Chance.
Froidevaux gehört zu den Aufsteigern im Schweizer Team. Vor gut zwei Wochen triumphierte er an den Schweizer Meisterschaften im olympischen Omnium. In einem hochstehenden Mehrkampf stellte der Romand auch Claudio Imhof in den Schatten. Der 28-jährige Thurgauer hatte im Januar als erster Schweizer überhaupt einen Weltcupsieg in dieser Disziplin herausgefahren.
Imhof hatte 2016 mit Bronze im Scratch die letzte Schweizer WM-Medaille gewonnen. Auch in Polen ist dem Schweizer Teamleader einiges zuzutrauen. An die Bahn in Pruszkow hat er jedenfalls gute Erinnerungen. „2008 wurde ich hier Junioren-Europameister im Scratch, vor eineinhalb Jahren fuhr ich im Weltcup im Omnium zudem aufs Podest. Deshalb komme ich sehr gern an diesen Ort zurück“, sagt Imhof, der seinen Fokus zuerst auf den Bahnvierer legt.
Ob er vor dem Omnium auch in der Einzelverfolgung antritt, wird kurzfristig entschieden. In der nicht-olympischen Disziplin gelang ihm im letzten August mit dem Gewinn von EM-Bronze ein Exploit. Eine Überraschung traut Nationaltrainer Gisiger Cyrille Thièry im Punktefahren zu. Der 28-jährige Waadtländer wurde in den letzten Tagen jedoch von einer Grippe gebremst.
Mit Léna Mettraux, Aline Seitz und Andrea Waldis stehen auch drei Frauen im Schweizer Aufgebot. Das junge Trio bestreitet erst die zweite WM, hat laut Gisiger aber durchaus Chancen, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren.