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SM Märwil

Stefan Küng will endlich Schweizer Strassen-Meister werden

Den Schweizer-Meister-Titel als Abschluss für seine bisher erfolgreichste Saison – das wünscht sich Stefan Küng. Bild: Keystone-SDA

Am Samstag finden in Märwil im Kanton Thurgau die Schweizer Strassen-Meisterschaften der Elite statt. Als Topfavorit gilt Stefan Küng, der zugleich ein Heimspiel geniesst.

Stefan Küng blickt auf eine sehr erfolgreiche Saison zurück. Insbesondere in seiner Spezialdisziplin Zeitfahren trumpfte der 26-jährige Profi vom Team Groupama-FDJ in den letzten Wochen mit dem EM-Titel und dem Gewinn von WM-Bronze gross auf.

Zuletzt mischte er auch in den belgischen Klassiker-Rennen um den Sieg mit. Zum Abschluss einer coronabedingt kurzen aber intensiven Saison winkt dem in Frauenfeld wohnhaften Thurgauer in seiner engeren Heimat die Chance, sich zum ersten Mal zum Schweizer Strassen-Meister zu küren, bevor es für ihn in die Winterpause geht.

«Der Sieg ist mein Ziel; es zählt nur das Trikot.»

Keystone-SDA: Stefan Küng, Sie können am Samstag sozusagen vor Ihrer Haustür Schweizer Meister werden. Das tönt verlockend, oder?

Stefan Küng: Ja, der Sieg ist definitiv mein Ziel. An den Schweizer Meisterschaften zählt nur das Trikot. Im Zeitfahren bin ich nun vier Mal hintereinander Schweizer Meister geworden. Auch im Strassenrennen stand ich schon auf dem Podest, zum Sieg allerdings hat es mir noch nie gereicht. Das Rennen ist sehr schwierig zu gewinnen, gerade wenn man der Favorit ist.

Trotzdem, der Heimvorteil kann Ihnen niemand nehmen.

Ja, ich kenne diese Strecke wirklich sehr gut. Im Alter von zehn Jahren habe ich auf eben dieser Strecke in meinem zweiten Velorennen den ersten Sieg eingefahren. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich im letzten Anstieg attackiert habe. Es kam mir damals vor wie die Alpe d’Huez. Wenn ich heute diesen Berg hochfahre, muss ich immer daran denken.

Sie haben schon mehrere WM-Rennen oder grosse Klassiker wie Paris-Roubaix bestritten. Trotzdem sagen Sie, das hier sei das schwierigste zu gewinnende Rennen. Wie kommt das?

Die körperliche Anforderungen sind sicher weniger extrem als bei den grossen Eintagesrennen. Es wird jedoch sehr taktisch gefahren, das wird am Samstag nicht anders sein. Physisch die Differenz zu machen, ist sehr schwierig. Mit Stefan Bissegger und Simon Pellaud stehen gute Rennfahrer am Start, die man nicht einfach so los wird. Ich kann auf drei Teamkollegen zählen, das könnte helfen. Letztlich geht es darum, den richtigen Moment zu erwischen. Und natürlich gehört auch etwas Glück dazu.

«Das war vielleicht die erfolgreichste Saison meiner Karriere.»

Der Radsport erlebte aufgrund der Corona-Pandemie eine sehr spezielle Saison. Wie beurteilen Sie die letzten Wochen seit dem Neustart Anfang August?

Die letzten drei Monate waren sehr intensiv. Es ging Schlag auf Schlag. Ein Höhepunkt folgte dem nächsten. Gross Zeit zum Trainieren hatte ich in den letzten Wochen kaum. Der Fokus zwischen den einzelnen Rennen lag auf der aktiven Erholung oder der Rennvorbereitung. Es ist mir gelungen, die Spannung hoch zu halten. Die guten Ergebnisse haben sicher geholfen, den Fokus nicht zu verlieren.

Sie haben sich hohe Ziele gesteckt und erreicht.

Ja, für mich war es eine sehr erfolgreiche Saison, vielleicht die erfolgreichste meiner Karriere. Seit dem Lockdown konnte ich auf einem konstant sehr hohen Niveau fahren. In den Klassikern oder im Zeitfahren habe ich bewiesen, dass ich zur Weltspitze gehöre. Ich konnte in diesen Rennen die Leistung abrufen, die ich mir vorgenommen habe. Das gibt mir viel Selbstvertrauen und Zuversicht für die Zukunft. Ich fühle mich ausserdem sehr wohl in meinem Team. Deshalb habe ich den Vertrag mit Groupama-FDJ um drei Jahre bis Ende 2023 verlängert.

Aus Schweizer Sicht war es eine sehr erfreuliche Rad-Saison. Wie beurteilen Sie die Leistungen eines Marc Hirschi?

Marc hatte wirklich ein enorm starkes Jahr. Das freut mich sehr für ihn. Es macht Spass zu sehen, dass gute Junge nachkommen. Dadurch steigt auch das Interesse am Radsport in der Schweiz. Nach dem Rücktritt von Fabian Cancellara entstand eine grosse Lücke, die ich in meinen ersten Profijahren ausfüllen sollte, was eigentlich utopisch war. Ich habe es versucht, und musste teils auch Lehrgeld zahlen. Es hilft sicher, wenn es mehrere Fahrer gibt, welche die Schweizer Farben hochhalten. Die jüngsten Erfolge zeigen, das die Nachwuchsförderung im Schweizer Radsport funktioniert.

Wie schauen Sie in die Zukunft, mit Blick auf 2021 und die Corona-Pandemie?

Der Radsport hat meines Erachtens einen sehr guten Job gemacht in dieser Corona-Zeit. Mit den virtuellen Rennen zu Beginn und auch danach, als der Rennbetrieb wieder aufgenommen wurde. Mit Ausnahme von Paris-Roubaix konnten alle grossen Rennen stattfinden. Die Schutzkonzepte haben gehalten, was man sich von ihnen versprochen hat. Das stimmt mich zuversichtlich. Andererseits sehe ich noch kein Licht am Ende des Tunnels. Momentan rollt die zweite Welle über die Schweiz, und es gibt noch keinen Impfstoff. Um den Profisport mache ich mir deswegen keine Sorgen. Kleine Rennen und der Nachwuchssport werden hingegen Mühe haben. Mein Trainingskollege Matthias Reutimann, der für das Continental-Team Swiss Racing Academy fährt, hat beispielsweise seit sechs Wochen kein Rennen mehr bestritten. Da besteht schon die Gefahr, dass junge Fahrer den Bettel hinschmeissen.

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