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Rücktritt

Michael Schär tritt nach 18 Profi-Saisons zurück

An den Weltmeisterschaften in Flandern 2021 stand Michael Schär zum elften Mal mit Swiss Cycling am Start. Bild: Arne Mill

Für Michael Schär ist Ende Saison fertig mit dem Leben als Radprofi. Der Luzerner, der von 2011 bis 2021 elfmal in Serie die Tour de France bestritt, wird im Alter von 37 Jahren seine Karriere beenden.

Schär gab sein Profi-Debüt im Sommer 2006 beim Schweizer Team Phonak. Prägend waren für den Innerschweizer die neun Saisons mit BMC. Im Dress des amerikanischen Teams mit dem Schweizer Mäzen Andy Rihs feierte er seine grössten Erfolge. Siege des starken Helfers Schär, der praktisch nie auf eigene Rechnung fuhr, hatten allerdings Seltenheitswert.

Der Schweizer Meistertitel 2013, im Jahr darauf der Solo-Triumph in der 2. Etappe der Utah-Rundfahrt – damit ist das persönliche Palmares des 36-Jährigen, der als Nachwuchsfahrer zu den grössten Schweizer Talenten gezählt worden war, komplett.

Schär selber sagt, dass mir „vor allem die Team-Erfolge in Erinnerung bleiben werden“ und nennt an erster Stelle die zwei mit BMC gewonnenen Mannschaftszeitfahren bei der Tour de France (2015 und 2018) sowie Cadel Evans Gesamtsieg 2011. Diesen erlebte er gleich bei seiner ersten Teilnahme an der Frankreich-Rundfahrt mit.

Seit 2021 steht Schär in Diensten der französischen Equipe AG2R Citroën. In den kommenden Monaten fährt er noch die Tour de Suisse, die in seinem Wohnort Nottwil Halt macht, und vielleicht auch nochmals die Tour de France. Auch auf eine weitere WM-Teilnahme hofft Schär. Sein letztes Rennen steht wohl Anfang Oktober mit Paris – Tours an.

Danach wolle er mehr zuhause sein und „weniger reisen. In letzter Zeit wurden die vielen Tage in ausländischen Hotels immer schwieriger“, so der zweifache Familienvater. Seine Passion für den Radsport bleibt jedoch. Schärs Absicht ist es, „meine Erfahrung den Jungen weitergeben zu können“. In welcher Form, sei zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht abschliessend entschieden.

Michael Schär war im Schweizer Team eine feste Grösse und ein stets starker Helfer.

Interview mit Michael Schär

Ende Saison ist für Michael Schär als Radprofi Schluss. Der Luzerner äussert sich im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zu seinen Karriere-Highlights, den verbleibenden Rennen und dazu, warum er immer jung geblieben ist.

Michael Schär, Sie fuhren fast zwei Jahrzehnte als Profi Radrennen. Weshalb hören Sie nun Ende dieser Saison auf?

„Im Alter von 37 Jahren und nach 18 Saisons im Profi-Radsport ist der Rücktritt sicher keine grosse Überraschung. Für mich ist es nun an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen.“

Sie werden sich wohl vor allem darüber freuen, mehr Zeit mit der Familie verbringen können, nicht wahr?

„Ja. Mit den Geburten meiner zwei Söhne hat sich mein Leben schon in den letzten zwei Jahren geändert, rückte die Familie mehr ins Zentrum. Doch als Radprofi bist du mehr als 200 Tage im Jahr im Ausland. Das ist nicht wirklich kompatibel mit einer jungen Familie.“

Wie resümieren Sie Ihre Karriere?

„Ich war sicher immer ein Teamplayer. Ich wollte der etwas breiteren Öffentlichkeit vermitteln, dass der Radsport ein Teamsport ist. Wenn also am Ende des Rennens einer der sieben Fahrer aus unserem Team den Sieg holte, dann stimmte das für mich. Ich war ein Helfer, der sich jedes Mal freute, diese Rolle einzunehmen.“

Wenig überraschend deshalb, dass Sie Ihre grössten Erfolge mit dem Team feierten.

„Sehr schöne Momente waren die zwei Mannschaftszeitfahren, die wir vom BMC Racing Team bei der Tour de France gewonnen haben (2018 und 2015). Auch 2011 beim Tour-Gesamtsieg von Cadel Evans dabei sein zu dürfen, war ein Karriere-Highlight. Ebenso die vielen erfolgreichen Jahre zusammen mit Greg van Avermaet an den Klassikern.“

Was hat sich in der Zeit seit Ihrem Profi-Debüt 2006 bis jetzt im Radsport geändert?

„Viel. Es war schön, dass ich noch den alten, dann aber auch den modernen Radsport erleben durfte. Unser Sport hat sich extrem gewandelt, es fand ganz klar eine Professionalisierung statt. Nun kommen die Jungen aus der Sportschule viel vorbereiteter in die World Tour und sind schon auf dem Niveau der gestandenen Profis.“

Das war früher nicht der Fall?

„Nein. Da dauerte es fünf oder gar noch mehr Jahre, bis du wirklich auf dem Niveau angekommen warst. Jetzt ’schlagen‘ die Jungen gleich ein. Auch die Trainingslehre hat sich entwickelt. Alles ist um einiges professioneller als früher, so wird zum Beispiel das Essen nun gewogen.“

Gingen Sie die Entwicklung immer und gerne mit?

„Ich fand es schön, dass ich beide Seiten erleben durfte. Ich war ein Typ Fahrer, der sich auf Veränderungen und neue Trends freute. Ich nahm die Inputs meiner Coaches und Leistungstrainer immer an und probierte, diese umzusetzen. So blieb ich jung.“

Welche Rennen stehen heuer noch im Zentrum?

„Besonders freue ich mich auf die Tour de Suisse. Diese wird quasi zur Abschieds-Tour für mich. Zumal die 2. Etappe von Beromünster nach Nottwil führt. Eine Zielankunft in der Gemeinde, in der ich lebe, ist speziell. In Nottwil einfahren zu dürfen, wird sicher auch emotional.“

Und danach?

„Ich bin für die Tour de France vorselektioniert. Ob ich dann wirklich den Cut schaffe und im endgültigen Kader von AG2R stehe, ist eine andere Frage. Die WM Anfang August in Glasgow ist auch ein grosses Ziel. Da will ich bereit sein und nochmals alles geben für die starken Schweizer im Team. Ich habe Freude, für sie zu fahren und zu versuchen, mit ihnen etwas erreichen zu können.“

Ist Ihnen schon bekannt, wo Sie das letzte Rennen fahren werden?

„Das ist noch nicht definiert. Wahrscheinlich wird es aber Paris – Tours sein (am 8. Oktober).“

Was sind Ihre Pläne danach?

„Das ist noch nicht abschliessend entschieden. Ich würde gerne in einer Form im Radsport bleiben, möchte meine Erfahrung den Jungen weitergeben. Es macht Freude zu sehen, wie sich unsere jungen Schweizer Fahrer entwickeln. Da würde ich gerne auch künftig beratend beistehen. Aber Priorität wird sicherlich die Familie haben, mit ihr will ich mehr Zeit verbringen.“

Keystone/SDA

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