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Paralympics Tokio

Heinz Frei gewinnt mit 63 Jahren die Silbermedaille

Bild: Keystone-SDA

Heinz Frei wird Zweiter im Strassenrennen auf dem Fuji Speedway. Mit diesem schier unglaublichen Exploit beendet einer der erfolgreichsten Para-Sportler seine einzigartige Einzelkarriere. Tobias Fankhauser fährt auf Rang 4, Fabian Recher reiht sich als Siebter ein.

Es regnet in Fuji, doch das Gesicht von Heinz Frei ist nicht nur deswegen feucht. “Es sind mehr die Tränen als der Regen”, sagt er nach seiner grandiosen Fahrt zu Silber im paralympischen Strassenrennen. Frei ist selbst ein bisschen überrascht von dem, was in diesen Momenten in ihm vorgeht. Er ist schlicht überwältigt, ist in einem emotionalen Bereich, den auch er, der eigentlich mit allen Wassern gewaschene Haudegen, so noch nicht erlebt hat. Welche Geschichte!

Mit 63 Jahren trotzt er an seinen 10. Sommer-Paralympics allen Angriffen der jüngeren Konkurrenten. Er fährt auf der äusserst anspruchsvollen Strecke des Fuji Speedways immer in der Spitzengruppe mit, wenn einer angreift, hält er dagegen. Und als der Russe Ruslan Kusnetsow uneinholbar enteilt scheint, gibt sich Frei damit nicht zufrieden. Er lässt den Österreicher Walter Ablinger hinter sich, kämpft sich Meter um Meter an Kusnetsow heran, er leidet, gerade im giftigen Anstieg kommt er dem Russen immer näher. Am Ende fehlen vier, fünf Meter zum Sieg, “aber diese Silbermedaille”, sagt Frei, “glänzt für mich golden.”

Es war sein letztes Einzelrennen. Eine einzigartige Karriere geht mit einer Geschichte zu Ende, wie sie nicht schöner erzählt werden kann. Ein Märchen? “Ich habe keinen Bonus, wenn ich am Start bin”, sagt Frei, “es ist nur die Leistung, die mich ans Ziel bringt.” Es ist Arbeit, es ist der Wille, der ungebrochen ist bei ihm. “Heute war das härteste Rennen meiner Karriere, es war das emotionalste”, sagt er. Und er spricht von Rio 2016, wo ihm zwei Zehntel aufs Podest im Zeitfahren fehlten. Das sind Erlebnisse, die an ihm nagen, die ihn prägen, die er vergessen machen will. Wie geht das schöner als durch so einen mitreissenden Auftritt am Fusse des legendären Fujiyama?

35 Medaillen hat Heinz Frei insgesamt gesammelt bei 16 paralympischen Teilnahmen im Sommer und im Winter. Ob eine andere in der Erinnerung derart stark und unwiderstehlich glänzen wird wie die silberne Medaille von Tokio? “Eigentlich”, sagt Frei, “kann ich immer reden…” Er bricht ab, er schluckt, er schüttelt den Kopf, lassen wir ihn den Moment geniessen. Da hat jemand wieder einmal ein ganz grosses Ziel erreicht, und er hat es auf jeden Fall mit grossem Abstand als Erster erreicht – ganz egal, welche Farbe die Medaille hat, die er sich bei der Siegerzeremonie umhängt.

Diplome für Fankhauser und Recher

Das Schweizer Team gewinnt im Strassenrennen zudem zwei Diplome: Fabian Recher belegt Rang 7, Tobias Fankhauser fährt in einem kuriosen Rennen auf Rang 4. Kurios, weil die Siegerehrung auf der Ziellinie bereits vollzogen wird, als der Rest des Feldes noch auf der Strecke ist und auf ein Nebenziel umgeleitet wird. Fankhauser setzt sich dort im Sprint gegen den Neuseeländer Rory Mead durch. Eine Medaille war ausserhalb der Möglichkeiten. “Ich bin aber sehr zufrieden”, sagt Fankhauser, er lag vor zwei Wochen mit einer Infektion im Spital, “damals konnte ich mir eine solche Leistung absolut nicht vorstellen”.

Bei den Handbikerinnen belegt Sandra Stöckli Rang 9, Sandra Graf wird 11. Stöckli beendet ihre Paralympics mit einem Lächeln, sie ist sehr zufrieden mit ihrem gesamten Auftritt, vor allem heute hat es ihr gefallen: “Ich bin sehr mutig gestartet, führte das Feld zeitweise an, das fühlt sich schon gut an”, sagt sie lachend. Ganz anders ist die Stimmung bei Graf. Sie kann die Tränen der Enttäuschung kaum zurückhalten, wie im Zeitfahren kommt sie nie auf Touren. “Das ist das letzte Rennen meiner Karriere”, sagt sie, “ das wollte ich ganz anders erleben.” Mehr kann und mehr muss sie nicht sagen.

Text: Swiss Paralympic

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