#swisscyclingfamily | Member

WM Aigle-Martigny

Ein Anstieg für die Geschichte

Im September 2020 werden die Walliser Radsportfans (hier an der WM 2018 in Innsbruck) in Massen im Anstieg zur Petite Forclaz stehen. Bild: Assos

Der Schleier um die Strecke der Strassenweltmeisterschaften 2020 in Aigle-Martigny ist gelüftet. Der Kurs des Rennens gilt als einer der anspruchsvollsten in der Geschichte der Weltmeisterschaften. Höhepunkt der Strecke ist eine Schleife, die um Martigny herumführt und den schwierigen Anstieg zur Petite Forclaz beinhaltet. Diese Runde wird je nach Kategorie mehrmals zurückgelegt, die Spanne reicht von einmal (Juniorinnen) bis zu siebenmal (Elite Männer). In der zweiten Ausgabe unseres Magazins Ready to Ride haben wir vier Protagonisten zu Wort kommen lassen, die am Event vom nächsten Herbst massgeblich beteiligt sind. Sie sprechen über das Elite- Massenstartrennen der Männer.

Jean-Pierre Lovey

Mitverantwortlicher für die Rennstreckengestaltung und Mitglied der Sportkommission

«Würze in das Rennen bringen»

Am Streckenverlauf wurde lange herumgefeilt, bevor die endgültige Version von 244 km feststand. Es handelt sich um die achte Fassung. Der erste, vollkommen flache Abschnitt führt zu einer leichten Steigung bei Bois-Noir in Richtung Vernayaz. Nach einer ersten Fahrt durch Martigny verläuft die Route bis Sitten entlang der Rhone. Danach rollen die Fahrer durch das Zentrum des Walliser Hauptorts, bevor sie die Rückfahrt antreten werden. Ab Martigny wird die 19 Kilometer lange Schleife in Angriff genommen. Diese schliesst auch den Anstieg zur Petite Forclaz ein. Dieser Anstieg von 4 Kilometern Länge hat eine maximale Steigung von 14.5 Prozent und führt über kurvenreiche und enge Abschnitte. Nach Erreichen der Passhöhe folgt die Abfahrt. Diese enthält nur eine Kurve und ist daher sehr schnell, es werden Geschwindigkeiten von bis zu 90 km/h erreicht. Anschliessend sprinten die Fahrer durch das Zentrum von Martigny. Die Ziellinie befindet sich amt Ende einer zwei Kilometer langen Geraden auf einer sehr breiten Strasse. Was die Frage der Sicherheit anbelangt: Die Planung des Sicherheitskonzepts verläuft Hand in Hand mit der Gestaltung der Strecke. Mit der Durchquerung der Zentren wollen wir Würze in das Rennen bringen, sowohl für das Publikum vor Ort als auch für die Zuschauer vor den Bildschirmen. Den Fahrern wird dies höchste Konzentration abverlangen, wir wiederum müssen die höchstmögliche Sicherheit gewährleisten.


Alexandre Debons

Initiant des Projekts und Co-Präsident

«Es wird keine Lotterie geben»

Meine erste Aufgabe war, einen Parcours im Herzen der Alpen zu finden. Dieser sollte schwierig sein und keinesfalls zu einem Massensprint führen. Die diesbezüglichen Vorgaben der UCI (Union Cycliste International) sind strikt. Das schränkt die Möglichkeiten deutlich ein. Nach Prüfung der möglichen Routen habe ich mich für die Strecke zwischen Aigle und Martigny entschieden, die eine Schleife rund um die Höhen von Martigny einschliesst. Der Anstieg Richtung Forclaz soll dem Rennen eine mythische Aura verleihen, mit der es in die Geschichte eingehen wird. Wir ziehen hier gerne den Vergleich mit den Weltmeisterschaften von 1980 in Sallanches, einem sehr harten Strassenrennen, aus dem der legendäre Bernard Hinault als Sieger hervorging. So wird es auch in Martigny sein. Es wird keine Lotterie geben. Auf dass der Beste gewinnen möge!


Richard Chassot

Rennleiter

«Die härtesten Weltmeisterschaften der letzten 20 Jahre»

Ich habe keine Kristallkugel, aber ich gehe davon aus, dass sich gleich nach dem Start eine grosse Spitzengruppe bilden wird. Die Fahrer aus Nationen ohne Titelanwärter werden sich verstärkt durch ihren Einsatz auszeichnen wollen. Die Spitzengruppe dürfte auf den ersten 100 flachen Kilometern einen ordentlichen Vorsprung herausholen, während das Hauptfeld von den stärksten Mannschaften kontrolliert wird. Ich denke, dass das Tempo im Feld wegen der Positionskämpfe rund zehn Kilometer vor der ersten Zielpassage höher werden wird. Ich stelle mir das ähnlich vor wie in der FlandernRundfahrt bei der Mauer von Geraardsbergen, wo die Teams jeweils um die besten Plätze kämpfen. Beim ersten Anstieg wird es hart werden. Die Helfer der Favoriten werden einen hohen Rhythmus anschlagen, es wird drei bis vier Runden lang zu einem Ausscheidungsrennen kommen. Die besten Kletterer dürften sich dann in den zwei oder drei letzten Runden durchsetzen. Erleben wir die härtesten Weltmeisterschaften in der Geschichte? Durchaus möglich. Ich kommentiere die Strassen-WM bereits seit 20 Jahren, und die Rennstrecke Aigle-Martigny 2020 ist zweifelsohne die schwierigste von allen.


Sébastien Reichenbach

Profi-Radfahrer

 

«Definiv eine grossartige Rennstrecke»

Ich habe letztes Jahr an der Strassen-WM in Innsbruck teilgenommen. Trotz einem sehr bergigen Kurs wurde die Ziellinie von einer kompakten Spitzengruppe überquert. Damit ist 2020 in Martigny nicht zu rechnen. Mit den zahlreichen Steigungen gestaltet sich die Strassen-WM sehr schwierig. Der Anstieg zur Petite Forclaz innerhalb der Schleife verläuft prozentual gleichförmig. Die Abfahrt ist technisch nicht anspruchsvoll und daher sehr schnell. Bei den Stadtdurchquerungen dürfte es ziemlich eng werden. Hier gilt es, sich gut zu platzieren. Es verspricht ein spannendes Rennen zu wer- den. Was die Aussichten für uns Schweizer betrifft, bin ich fest von den Er- folgschancen unseres Teams und insbesondere der Kletterer unter uns überzeugt. Ausserdem können wir auf die Qualitäten einer neuen Generation von talentierten Nachwuchsfahrern zählen. Die Besonderheit  einer Heim-WM wird uns zusätzlich motivieren. Ich habe in meinen Jugendjahren selbst an diesem bei uns im Wallis sehr bekannten Anstieg gewohnt.

Die WM-Strecke

Dein Browser ist nicht mehr aktuell. Bitte aktualisiere Deinen Ihren Browser.