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Olivier Senn

«Die Tour de Suisse 2020 soll mittels Copy-Paste ins 2021 transferiert werden»

Bild: Buchli Fotografie

Olivier Senn war von 2014 bis 2018 Generaldirektor der Tour de Suisse. Nach einem kurzen Unterbruch ist der Aargauer wieder für die Belange der Landesrundfahrt verantwortlich – als Co-Geschäftsführer der Firma Cycling Unlimited AG, der neuen Trägerschaft der Tour de Suisse. Im Interview mit der Agentur Keystone-SDA spricht Senn über die reale Tour de Suisse und offenbart Gedanken an eine digitale Version.

Olivier Senn

ist Co-Geschäftsführer der Cycling Unlimited AG

Seit der Absage der diesjährigen Tour de Suisse sind einige Tage vergangen. Wie fest schmerzt der Entscheid noch?

Olivier Senn: Logisch tut es immer noch weh, weil es nicht das ist, was wir wollten. Aber gleichzeitig war der Entscheid eine grosse Erleichterung.

Warum?

Weil wir aktiv nach einer Lösung gesucht und mit allen Parteien gesprochen hatten, die mit uns einen Vertrag haben. Wir wollten von allen die Bestätigung, dass sie den Entscheid mittragen. So hatten alle zu einem frühen Zeitpunkt Klarheit und nicht noch unnötig Ausgaben.

Sie wollen für 2021 möglichst alle Etappenorte wieder an Bord haben. Geht Ihre Rechnung auf?

Die Tour de Suisse 2020 soll möglichst mittels Copy-Paste ins 2021 transferiert werden. Wir spüren eine breite Unterstützung. Von den meisten Etappenorten haben wir schon die Zusage, dass sie nächstes Jahr wieder dabei sind. Von anderen Orten fehlt die Bestätigung noch. Nun gilt es ein paar Wochen abzuwarten. Ich bin zuversichtlich, dass wir 2021 zu 80 Prozent eine identische Tour haben werden. Hoffentlich werden es gar 100 Prozent sein.

Können Sie schon beziffern, wie gross der Verlust ist, den Ihre Organisation in diesem Jahr tragen muss?

Es gibt eine gewisse Schätzung, wie dieses Jahr ausfallen könnte. Aber wir sind nicht so weit, dass wir eine klare Aussage machen könnten. Auch, weil einige Aktivitäten noch laufen, so zum Beispiel „The Digital Swiss 5“ von Ende April. Das hat finanzielle Auswirkungen, weil dabei Sponsoren Auftrittsmöglichkeiten haben.

Diese digitalen Rennen werden vom Schweizer Fernsehen übertragen. Wie fest sind sie aus der Not geboren?

Wir arbeiten seit rund neun Monaten mit Rouvy (einer Plattform für Indoor Cycling; die Red.) zusammen. Es war mehr als Plattform gedacht, auf der sich die Hobbyfahrer messen können mit Profis, welche diese Strecken vorab im Winter zur Erkundung fahren. Aber als Rennen unter Profis war es nie vorgesehen. Die Idee für die April-Rennen kam erst auf, weil es gar keine anderen Rennen mehr gibt und die Teams, die Profis, die Sponsoren und auch das Fernsehen Zeit haben.

Gibt es im Juni auch eine digitale Tour de Suisse?

Die Idee besteht, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch zu früh, das zu entscheiden.

Wie generell im Sport geht im Radsport wegen des Coronavirus gar nichts. Wie lautet Ihre Einschätzung der Situation?

Es ist eine sehr schwierige Situation. Weil ich auch Fahrer betreue, weiss ich ziemlich gut, wie es um sie steht. Wir haben auch viel Kontakt mit den Teams. Da gibt es einige, die haben enorme finanzielle Probleme. Andere Teams wiederum versuchen, die Situation zu ihren Gunsten auszunutzen.

Wie denn?

Mit massiven Lohnkürzungen, die am Reglement vorbei und teils sogar rückwirkend verordnet werden. Diese Kürzungen sollen bis zu 70 Prozent betragen haben, und das schon im März, als noch Rennen gefahren worden sind. Wenn noch lange keine Rennen gefahren werden können, dann wird das massive Auswirkungen auf den Radsport haben. Wir sprechen von jährlich rund 600 Millionen Euro, die im gesamten Radsport drinstecken.

Interview: Keystone-SDA

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