Tour de Suisse
Der erwartete Umsturz in der Gesamtwertung
Richard Carapaz deckt in der ersten Bergetappe der Tour de Suisse seine Karten auf. Der Ecuadorianer krönt in Leukerbad die Vorarbeit seiner Ineos-Helfer mit dem Tagessieg und der Übernahme des Leadertrikots. Die Schweizer fallen im Wallis aus der Entscheidung.
Lagen am Mittwochabend in Gstaad noch 19 Fahrer innerhalb einer Minute, so erhielt die Gesamtwertung der Schweizer Landesrundfahrt bei der ersten Bergankunft wie erwartet klarere Konturen.
Fast 150 der 175,2 km von Gstaad nach Leukerbad waren gefahren, als das Finale lanciert wurde. Gleich zu Beginn des 8 Kilometer langen und durchschnittlich 8,4 Prozent steilen Aufstiegs nach Erschmatt schlugen Carapaz‘ Helfer ein horrendes Tempo an. Innert ein paar Minuten reduzierte sich das Spitzenfeld auf weniger als 20 Fahrer.
Von den 19 Schweizern war bald keiner mehr vorne dabei. Erwartungsgemäss insistierte der Gesamtdritte Stefan Küng auf von ihm nicht bevorzugtem Terrain nicht. Aber auch die eigentlich starken Kletterer Marc Hirschi und Gino Mäder mussten bei grosser Hitze schnell abreissen lassen.
So erreichte Matteo Badilatti als erster Schweizer Leukerbad. Der Bündner, bei Groupama Teamkollege von Küng und Fabian Lienhard, wurde mit vier Minuten Rückstand 14. Auch im Gesamtklassement ist Badilatti auf Platz 28 neu bester Einheimischer (9:39 zurück). Stärkster Vertreter des Swiss Cycling Teams war der Luzerner Roland Thalmann auf Rang 45.
Claudio Imhof hatte zum dritten Mal in dieser Woche in der Fluchtgruppe Unterschlupf gefunden. Das Ausreisserquartett, zu dem auch der (mittlerweile ehemalige) Leader Mathieu van der Poel gehörte, wurde vor dem Schlussanstieg jedoch eingeholt.
Richard Carapaz gelang in Leukerbad der Doppelschlag. Nicht nur gewann er als erster Ecuadorianer eine Etappe der Tour de Suisse; er schnappte sich zugleich das Leadertrikot. Vier Kilometer vor dem Ziel setzte sich der Giro-Sieger des Jahres 2019 von seinen Gefährten ab. Umgehend holte er den schon vor Erschmatt entwischten Kolumbianer Esteban Chaves ein – und liess diesen gleich stehen. Carapaz schloss in der Folge zum solo führenden Jakob Fuglsang auf. Den Dänen aber konnte der 28-jährige Südamerikaner auf nun flacherem Terrain nicht mehr abschütteln. Im Sprint jedoch behielt Carapaz die Oberhand.
Im Gesamtklassement führt Carapaz, zuvor mit 17 Sekunden Rückstand auf van der Poel Siebter, mit 26 Sekunden Vorsprung auf Fuglsang. Unter einer Minute Rückstand haben einzig noch der drittklassierte Deutsche Maximilian Schachmann (0:38 zurück) und Julian Alaphilippe (0:53). Der Weltmeister hatte allerdings wegen unerlaubter Verpflegung – er liess sich auf den letzten 10 km aus dem Begleitauto einen Bidon reichen – eine 20-Sekunden-Strafe erhalten.
Der Start zur 6. Etappe am Freitag erfolgt in Andermatt, zu Ende geht das Teilstück nach 130 km in Sedrun. Die Haupthindernisse des drittletzten Tour-Tages sind gleich zu Beginn der Gotthardpass und in der Endphase der Lukmanierpass. sda