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EM Plouay

Das Schweizer Team gewinnt einen Medaillensatz

Stefan Küng: „Das Velo fühlte sich an wie eine Rakete.“ Bild: Arne Mill

Die Auswahl von Swiss Cycling brilliert an den Europameisterschaften in Plouay im Zeitfahren: Stefan Küng gewinnt Gold, U23-Athlet Stefan Bissegger sicher sich Silber, Marlen Reusser erkämpft sich Bronze. Restlos glücklich ist nur einer des erfolgreichen Trios.

Stefan Küng gilt als ausgewiesener Fachmann im Zeitfahren. Seit dem Rücktritt von Fabian Cancellara vor bald vier Jahren holte der U23-Europameister von 2014 viermal in Folge den Schweizer Meistertitel. Auch auf internationaler Ebene liess der starke Roller seine Fähigkeiten im Kampf gegen die Uhr immer wieder aufblitzen. Zwei Drittel seiner Profisiege feierte Küng im Kampf gegen die Uhr. Bei seiner ersten Teilnahme an der Tour de France im Jahr 2017 wäre er beinahe ins Maillot jaune geschlüpft. Einzig Geraint Thomas konnte ihn im Prolog in Düsseldorf bezwingen.

Doch bei Welt- und Europameisterschaften wollte es für Küng in seiner eigentlichen Paradedisziplin bei der Elite bislang nicht klappen. Oftmals konnte der 26-Jährige den hohen Erwartungen nicht gerecht werden. Mal war der Parcours zu bergig, dann bremsten ihn das Verletzungspech oder Materialprobleme, oder die Konkurrenz war ganz einfach zu stark. So auch im vergangenen Jahr, als er an der EM in Alkmaar eine Medaille als Vierter um läppische 17 Hundertstel verpasste.

Nach der Absage der Heim-WM in Aigle/Martigny entschloss sich Küng vor knapp zwei Wochen, im EM-Zeitfahren in Plouay an den Start zu gehen. Und der Abstecher in die Bretagne hat sich für den Schweizer wenige Tage vor seinem Start an der Frankreich-Rundfahrt mehr als gelohnt. Auf dem welligen und technisch anspruchsvollen Parcours liess er die gesamte Konkurrenz hinter sich und fuhr souverän zum EM-Titel und damit zur ersten Medaille bei internationalen Elite-Titelkämpfen im Zeitfahren.

Mit Selbstvertrauen und der nötigen Lockerheit

Nach 25,6 km verwies Küng den Einheimischen Rémi Cavagna um 17 Sekunden auf Platz 2. Auch Victor Campenaerts, Inhaber des Stundenweltrekords auf der Bahn und zweifacher Europameister im Zeitfahren (2017 und 2018), kam nicht an die Zeit von Küng heran. Der Belgier musste sich in Abwesenheit seines Landsmanns und Titelverteidigers Remco Evenepoel mit der Bronzemedaille begnügen.

„Ich habe vom Start bis ins Ziel voll durchziehen können. Das Velo fühlte sich an wie eine Rakete“, meinte Küng zu seiner Gold-Fahrt. Es sei ein Bonus, dass er überhaupt hier sei, deshalb habe er einfach das Maximum herausholen wollen. „Und das Maximum war heute die Goldmedaille – also perfekt.“

Sein EM-Titel ist das Resultat aus gesundem Selbstvertrauen und der nötigen Lockerheit. Diese habe er nach dem Gewinn der Bronzemedaille im WM-Strassenrennen vor knapp elf Monaten in Yorkshire wieder gefunden: „Ich weiss, ich kann es.“ Den EM-Titel könne man aber nicht mit der WM-Medaille vergleichen. „Er ist aber ein weiterer Meilenstein. Das gibt mir Rückenwind für die nächsten Rennen.“

Starkes Schweizer Kollektiv

Aus dem Schweizer Lager schafften am Montag mit Marlen Reusser und Stefan Bissegger zwei weitere Athleten in den Zeitfahr-Wettkämpfen den Sprung aufs Podest. Zudem wurden Juniorin Annika Liehner hervorragende Fünfte. Reusser gewann bei den Frauen die bronzene, Bissegger in der U23-Kategorie die silberne Auszeichnung. Damit holte die Schweiz am ersten Tag der kontinentalen Titelkämpfe in der Bretagne einen Medaillensatz.

Während es für Bissegger nach EM-Bronze im Zeitfahren und WM-Silber im Strassenrennen im letzten Jahr bereits der dritte Medaillengewinn auf Stufe U23 war, feierte Reusser in Plouay „in der Form ihres Lebens“ eine Premiere. Dabei wäre für die Bernerin womöglich sogar noch mehr möglich gewesen. Nach einem unfreiwilligen Stopp aufgrund von Schaltproblemen musste sie sich schon früh von der nach ihr gestarteten Olympiasiegerin Anna van der Breggen einholen lassen. Die Schweizerin liess sich aber nicht abschütteln und kam sogar noch kurz vor der Niederländerin ins Ziel. Trotz dem grössten Erfolg ihrer Karriere und „super Beinen“ war Reusser nicht restlos zufrieden. „Ich habe gemischte Gefühle“, meinte die 28-Jährige, die im vergangenen Jahr die Goldmedaille an den Europa-Spielen gewonnen hatte.

Nach gemischten Gefühlen hörte es sich auch bei Bissegger an. Ziel sei gewesen, „das Trikot“ holen, sprich, das Rennen zu gewinnen, hielt der Thurgauer nüchtern fest, welcher vor Jahresfrist in Alkmaar die Bronzemedaille gewonnen hatte. 24 Sekunden trennten ihn nach 25,6 km vom siegreichen Norweger Andreas Leknessund, dem Bissegger „eine hervorragende Leistung“ attestierte. Am Donnerstag gehört Bissegger im Massenstartrennen zu den Hoffnungsträgern der Schweier Equipe, am Freitag vertritt er Swiss Cycling im gemischten Zeitfahren. Ziel sei, am Donnerstag und am Freitag eine Medaille zu gewinnen, sagte er schmunzelnd. Die zu seiner Wesensart passende Zuversicht ist geblieben – trotz des verpassten Triumphs.

Text: Keystone-SDA/SC

Weitere Informationen

Marlen Reusser vor der nachmaligen Siegerin Anna van der Breggen Bild: Arne Mill

Stefan Bissegger fährt wie im Vorjahr aufs U23-Podest Bild: Arne Mill

Juniorin Annika Liehner belegt den ausgezeichneten fünften Platz Bild: Arne Mill

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